Die Pflegestufen

Die Pflegestufen in Österreich

Voraussetzungen und Leistungen

Für die Zuerkennung der Pflegestufen notwendig ist die Feststellung des Hilfe- und Betreuungsbedarfes im Rahmen einer Begutachtung durch einen Arzt oder eine diplomierte Pflegekraft. Die Sozialversicherungsträger beauftragen diese auf Honorarbasis, um in der eigenen Ordination oder im Zuhause des Pflegebedürftigen ein Gutachten zu erheben. Das erstellte Gutachten ist die Grundlage für Pflegegeldberechnung. Im Bundespflegegeldgesetz sind die Verrichtungen, welche für die Berechnung des Pflegegeldes berücksichtigt werden festgelegt. Auch die Zeitwerte, welche den jeweiligen Verrichtungen zugeordnet werden sind in Fixwerten, Mindest- oder Richtwerten definiert.

Die Berücksichtigung von individuellen Minuten oder Stundenwerten, welche für eine bestimmte Pflegeverrichtung gebraucht werden ist im Rahmen bestimmter Kriterien möglich. Sollten Sie jedoch z.B. für die Begleitung (Mobilitätshilfe im weiteren Sinn) ihres pflegebedürftigen Angehörigen zum Arzt, in die Apotheke, zur Physiotherapie zu Kontrollterminen ins Krankenhaus mehr als 10 Stunden monatlich benötigen, wird die Zeit, welche den Fixwert von 10 Stunden überschreitet nicht berücksichtigt.

Folgende Verrichtungen beziehungsweise Unterstützungsleistungen werden als Aufwand anerkannt:

  • An- und Auskleiden
  • Tägliche Körperpflege
  • Zubereitung von Mahlzeiten
  • Verrichten der Notdurft
  • Einnehmen von Mahlzeiten
  • Reinigung bei Inkontinenz
  • Entleerung und Reinigung des Leibstuhles
  • Einnehmen von Medikamenten
  • Mobilitätshilfe im engeren Sinn

Diese Punkte werden dem Begriff der Grundpflege zugeordnet. Auch die Sondenernährung bei liegender Magensonde inklusive der Reinigung der Sondenstelle und das Verabreichen von Insulininjektionen werden der Grundpflege zugeordnet und werden als Pflegebedarf anerkannt.

Medizinische Leistungen wie Verbandswechsel, Decubitusversorgung und andere sowie auch z.B. logopädisches Training stellen keinen Pflegebedarf dar.

Als Hilfebedarf werden nachfolgende Punkte begutachtet und berücksichtigt:

  • Besorgung von Nahrungsmitteln und Medikamenten
  • Reinigung des Wohnraumes und der persönlichen Gebrauchsgegenstände
  • Waschen der Leib- und Bettwäsche
  • Beheizen des Wohnraumes und Besorgung des Heizmaterials
  • Mobilitätshilfe im weiteren Sinn

Darüber hinaus werden auch die Anus praeter Pflege, Kanülen/Sondenpflege, Katheterpflege und Einläufe als Pflegeverrichtungen berechnet.

... und wie sieht es bei jungen Leuten aus?

Pflegestufen bei Kindern und Jugendlichen

Für die Einstufung von Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr, sowie für Pflegebedürftige ab dem 15. vollendeten Lebensjahr, die an einer schweren geistigen oder psychischen Behinderung leiden wird zusätzlich eine Erschwerniszulage abgegolten. Bei Menschen mit diesem Behinderungen ist der Beziehungsarbeit sehr viel Intensität zu widmen, da diese häufig die Basis ist, um Pflegeverrichtungen überhaupt umsetzten zu können. Für diese Motivationsgespräche wird auch ein Zeitwert berechnet.

Aus der Summe der festgestellten notwendigen Stunden an Pflegebedarf monatlich, ergibt sich die Pflegestufe und somit die Höhe des Pflegegeldes. Die Summe der Pflegeminuten bezieht sich auf den Bedarf, den die pflegebedürftige Person hat. Unwesentlich dafür ist, wer diesen Bedarf deckt. Die Unterstützung kann auch durch pflegende Angehörige erfolgen. Im Rahmen des Gutachtens wird jedoch erhoben, ob relevante Hilfsmittel wie Haltegriffe, Badewannensessel und ähnliches verwendet werden. Sollte die Verwendung eines entsprechenden Hilfsmittels eine selbstständige Bewältigung ermöglichen, wird kein Pflegebedarf zuerkannt.

Was bedarf es für welche Pflegestufe?

Anspruchsvoraussetzungen

Pflegestufe 1

notwendiger Hilfe- und Betreuungsbedarf von mehr als 65 Stunden

Pflegestufe 2

notwendiger Hilfe- und Betreuungsbedarf von mehr als 95 Stunden

Pflegestufe 3

ein notwendiger Hilfe- und Betreuungsbedarf von mehr als 120 Stunden

Die Begriffe Hilfe- und Betreuungsbedarf sind im Rahmen der Pflegegeldeinstufung gleichzusetzen mit dem Begriff des Pflegebedarfes.

Für die höheren Pflegestufen 4, 5, 6 und 7 sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  • Das zeitliche Ausmaß des Pflegebedarfes. Wie viele Stunden monatlich wird Hilfe- und Betreuungsbedarf benötigt, beziehungsweise wie viele Stunden können an Hand der hinterlegten Zeitwerte berücksichtigt werden.
  • Die Frequenz der Pflegeeinheiten. Eine Pflegeeinheit ist entweder eine Pflegeverrichtung oder die Summe mehrerer Pflegeverrichtungen, die aufgrund ihrer Art in engem zeitlichem Zusammenhang erbracht werden. Zum Beispiel die morgendliche Körperpflege, die Inkontinenzversorgung, die Hautpflege, das Umkleiden und die Mobilisierung in eine geeignete Sitz- oder Liegeposition werden in einem Paket durchgeführt.
  • Die Koordinierbarkeit der Pflege. Darunter wird verstanden, ob ein Plan eingehalten werden kann oder ob eine dauernde Bereitschaft oder Anwesenheit einer Pflegeperson notwendig ist. Pflegeperson ist entweder eine professionelle Pflegekraft, eine 24 Stunden Betreuungskraft oder ein pflegender Angehöriger. Als Beispiel, wenn oben beschriebenes Pflegepaket abgearbeitet wurde und die pflegebedürftige Person anschließend ein Frühstück erhält und die Pflegeperson die Wohnung dann verlassen kann, oder einer anderen Tätigkeit nachgehen kann, weil das Frühstück selbstständig eingenommen wird und die Sitzposition ohne Gefahr verändert werden kann, ist die Pflege koordinierbar.

Pflegestufe 4

Der Pflegeaufwand beträgt mehr als 160 Stunden im Monat. Die Pflege muss koordinierbar sein und in bis zu 5 Pflegeeinheiten täglich erbracht werden.

Pflegestufe 5

Der Pflegebedarf beträgt mehr als 180 Stunden im Monat und zusätzlich besteht ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand. Die Pflege ist wiederum koordinierbar. Ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand liegt vor, wenn die dauernde Bereitschaft – jedoch nicht Anwesenheit – einer Pflegeperson erforderlich ist. Weiter, wenn die regelmäßige Nachschau in kurzen Abständen notwendig ist, davon zumindest einmal in der Nacht oder wenn mehr als 5 Pflegeeinheiten notwendig sind, davon eine in der Nacht. Die Nachtstunden werden zwischen 22 Uhr und 6 Uhr Früh berücksichtigt.

Pflegestufe 6

Der Pflegebedarf beträgt mehr als 180 Stunden im Monat und die Pflege ist unkoordinierbar oder, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Fremd- oder Eigengefährdung die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson verlangt.

Pflegestufe 7

Der Pflegeaufwand beträgt mehr als 180 Stunden im Monat und eine zielgerichtete Bewegung der vier Extremitäten mit funktioneller Umsetzung ist nicht mehr gegeben oder ein gleich zu achtender Zustand liegt vor. Die Fähigkeit einer zielgerichteten Bewegung liegt zum Beispiel vor, wenn ein Löffel in die Hand genommen wird. Wird der Löffel dann benützt, um zu essen, liegt eine funktionelle Umsetzung vor.

Zusammenfassung Pflegegeldstufen

Die Einstufungsverordnung ist ein sehr komplexes Thema und erfordert Wissen um die gesetzlichen Rahmenbedingungen gleichermaßen wie medizinisches und pflegerisches Wissen. Verbessert wird das objektive Ergebnis, wenn der pflegende Angehörige und der Pflegebedürftige selbst sich auf den Begutachtungstermin vorbereiten können und im Rahmen der Begutachtung eine wertschätzende Gesprächskultur gepflegt wird.

In der Aufregung werden manche Informationen vergessen oder die Situation übertrieben positiv dargestellt. Manchmal auch aus Scham der eine oder andere Bedarf verneint. Ein Beratungsgespräch im Vorfeld informiert sie über ihre Möglichkeiten und hilft die erforderlichen Unterlagen zu organisieren. Darüber hinaus bietet eine pflegefachliche Stellungnahme eine Argumentationsgrundlage für die Zuerkennung einer Pflegestufe oder die Erhöhung des Pflegegeldes.